Naturfilm...

 

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"An den Ufern der Lippe"...

so lautet der Titel einer Filmproduktion von Ulf Marquardtt, die im Rahmen der WDR-Sendereihe "Wunder der Erde" gezeigt wird bzw. wurde (Erstausstrahlung: 16.4.2019): Der Film ist ein wunderbares Portrait von diesem Fluss vor unserer Tür, Entdeckungen von der Quelle bis zur Mündung, über und unter Wasser, denn Marquardt ist auch noch leidenschaftlicher Taucher. Die Produktion dauerte gut zweieinhalb Jahre, was für Naturfilme nicht ungewöhnlich ist. Ulf Marquardt hatte Menschen gesucht, die sich mit dem Fluss verbunden fühlen, die Geschichten erzählen konnten und interessante Orte kennen, die typisch für die Lippe sind. Dabei wirkt dieser kleine Fluß eher unscheinbar und - sagen wir es ehrlich - langweilig.

 

Diesen Eindruck hatte ich auch, als ich 1980 mit meiner kleinen Familie nach Lippstadt zog. Begradigte, langweilige Ufer, träge dahin fließendes Wasser, grünlich trübe, ein befestigter Tieflandfluss eben. Das Interessanteste waren noch die wenigen Altarme im Verlauf der Talaue. Und die war vor allem vom Ackerbau geprägt.

Alles im Fluss - Flussgeschichte(n)...

Nach einigen Hochwasserereignissen in den 90ger Jahren war der nackte Ackerboden den Bach heruntergegangen - buchstäblich alles im Fluss. Ich habe damals die ersten Luftbilder gemacht, traurige Anblicke, die ich in mehreren Vorträgen vorgestellt habe. Das hat mir viel Kritik eingebracht - die Lippe bleibt so wie sie ist, die ist mit viel Aufwand gebändigt worden, das habe ich mir anhören müssen - und habe es geglaubt. Später wurden meine Luftbilder von der Umweltbehörde bei der Bezirksregierung gerne genutzt, um die überfluteten Bereiche der Lippeaue bei Hochwasser ausfindig zu machen. Und dann rückten tatsächlich die Bagger an, beim ersten "Baggerstich" saß die damalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn an den Hydraulik´hebeln. Das Lippeauenprogramm war gestartet.  Im Bereich Lippstadt gab es die ersten "Befreiungsversuche", der Fluss konnte sich wieder in die Aue ausdehen, Retentionsräume zur Überflutung wurden geschaffen.

Heute, fast 40 Jahre später, traue ich meinen Augen kaum: Eine lebendige Auenlandschaft hat sich entwicklen können, mit Heckrindern ("Auerochsen") und einer Herde Wildpferde.

Ulf Marquardt zeigt diesen Fluss und man könnte meinen, er sei immer so gewesen. Wir Lippstädter wissen das besser und möchten es nie wieder anders...

Vorbereitungen

Aber zurück zu den Vorbereitungen des Lippefilms: Marquardt hatte meine Naturvideos bei Youtube entdeckt und Kontakt aufgenommen. Einige sehr spezielle Szenen interessierten ihn, er wollte wissen, wo man diese Aufnahmen machen kann, der Film über die Lippe sollte in erster Linie ein Naturfilm werden. Als NABU-Mitarbeiter betreuen wir zwei Naturschutzgebiete im Einzugsbereich der Lippeaue und: Ich habe von der Unteren Naturschutzbehörde eine Drehgenehmigung für die Schutzgebiete, was Vorraussetzung ist. Auch Ulf Marquardt hat für die Zeit seiner Dreharbeiten eine solche erhalten, wenn er von uns begleitet wird. So hatte sich immer dann, wenn der Filmemacher in unserer Region zu Dreharbeiten unterwegs war, ein kollegialer Kontakt entwickelt. Erst machte ich den "Locationscout", dann sogar den zweiten oder dritten Kameramann.

Drehtermine unmöglich

Nun kann man sich mit Tieren nicht zum Drehtermin verabreden. Entweder es passiert, oder eben nicht. Artenkenntnis und die langfristige Beobachtung helfen, die Chancen auf interessante Bilder zu erhöhen und trotzdem... Diesen Part habe ich übernommen. Es geht eben nicht so einfach, einen 2cm kleinen und in der Sommerhitze extrem schnellen Sandlaufkäfer mit Zeitlupenaufnahmen einzufangen. Und eine noch größere Herausforderung war es, die im Boden lebenden Sandlaufkäferlarven bei ihrem extrem schnellen Beutesprung in der Bodenperspektive zu zeigen. Es halfen Einfallsreichtum und eine gewisse "Überredungskunst" - für Käfer und für Beute. Es kostet einfach sehr sehr viel Zeit und sehr sehr viel Geduld und eine gewisse Selbstverachtung in Bezug auf das eigene Wohlempfinden in der Gluthitze dieses Sommers.

Da steigt der Sensor aus...

Der Sommer 2018 war extrem, die offene Sandlandschaft ebenfalls. Die Käfer und ihre Beuteinsekten fanden das gut - je wärmer desto schneller wurden sie. Meine Kamera fand das nicht gut. Der Prozessor im Gehäuse entwickelt bei Zeitlupenaufnahmen enorme Wärme, der Kühlkörper war schlichtweg überfordert, die Sonnenstrahlen kamen dazu. Bei 70°C verabschiedete sich die Technik, der Kamerasensor lieferte nur noch Datenmüll. Tiefgekühlte Gelpads - eigentlich gegen Prellungen gedacht - halfen stundenweise, die Betriebstemperaturen einzuhalten und irgendwann waren die gesuchten Szenen auf der Speicherkarte.

Auch die Kormorane bei der Gesellschaftsjagd zu erwischen, ist eher ein Zufall. Aber dem kann man nachhelfen, weil man als Dauerbeobachter im NSG den Tagesablauf der schwarzen Vögel kennt. Und irgendwann stimme das Licht und eine Gruppe Kormorane begann ihre Treibjagd in der Nähe meines Versteckes.  

Naturfilmprofis

Am Ende gab es Bilder, die sich so ganz selbstverständlich einreihen in eine überaus gelungene Geschichte über den Fluss vor meiner Haustür. Ulf Marquardt lässt den Sprecher zu Beginn sagen: "Wir zeigen Ihnen die Lippe, wie Sie sie noch nie gesehen haben...!"  Übertreibt er da nicht etwas, schließlich lebe ich seit fast 40 Jahren hier.

Aber keineswegs!

Abspann

Für mich als "Zusätzliche Kamera" (Filmabspann) bleibt noch etwas: Die Erfahrung mit zwei echten Naturfilmgrößen eine Zeitlang zusammen gearbeitet zu haben - herzlichen Dank an Ulf Marquardt und Rudolf Diesel aus Münschen, es war ein lehrreiches und interessantes Vergnügen.   

 

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